von Algeth Ernestine Weerts
„Warten“ ist mit Emotionen verbunden. Dies soll jedoch kein philosophischer Text sein, sondern eine sehr praktische Geschichte.

Ende Februar 2020 kam ich abends aus Porto zurück nach Bremen. Schließlich gibt es in Deutschland auch etwas zu tun. Außerdem bin ich sehr zuversichtlich, dass ich bald wieder in Porto sein werde – der Rückflug nach Porto für Ende April ist bereits gebucht. Ich würde so lange in Deutschland bleiben, wie ich in Porto war. Dachte ich.
Deutschland bedeutet für mich auch: mit meiner Arbeit Geld verdienen. Ich konnte noch eines meiner Seminare geben, und dann brach der Covid aus. Und plötzlich ist alles abgesagt. Es gibt kein Seminar mehr und keinen Flug. Und alles, alles ist durcheinander.

Mit einer Situation umgehen, die so noch nie die ganze Welt erfasst hat – das war für uns alle schwierig. Wir sind daran gewöhnt, Pläne zu machen, die oft für Zeiten weit im Voraus feststehen. Jetzt stimmt keiner dieser Pläne mehr. Abgesagt, annuliert, ge-canceled. Das sind die Worte, die uns allen begegnen.
Je näher mein Flugtermin rückt, um so angespannter schaue ich jeden Tag in meine Mails, ob die Fluggesellschaft mir eine Absage schickt.
Und, die kommt… kein Flug am 20. April, kein Flug am 1. Mai. Und kein Flug am 1. Juni. Zum Glück kann ich zwar meinen ursprünglichen Flug jedes Mal umbuchen. Aber das ist nicht einfach nur warten – so wie vielleicht auf den verspäteten Bus. Jede der neuen Buchungen ist mit Hoffnung verbunden. Anfangs bin ich noch verärgert, manchmal wütend. Und irgendwann merke ich, dass mein Enthusiasmus und meine Freude, wieder nach Porto zu kommen, verschwunden sind. Es ist, als ob diese Emotionen ‚abgeschnitten‘ sind: Bitte nichts fühlen! Denn wenn ich Freude nicht fühle, dann fühle ich auch den Schmerz und die Traurigkeit nicht?
Ich kann es aber genieße, gar keinen Termin zu haben. Diese planlosen Zeit kann ich wirklich nutzen, Projekte auf den Weg zu bringen oder zu Ende zu bringen, die sowieso schon lange warten. Und ich stürzen mich voller Schaffenskraft in diese Arbeit. Ich hab ja sonst nichts zu tun.

Aber dann endlich: keine Absage für den Flug am 22. Juni! Ich kann es kaum glauben. Der Schreck ist allerdings groß, als etwa 10 Tage vor dem Abflug doch eine Mail von der Fluglinie kommt.
Zum Glück wird nur die Abflugzeit verschoben! Die Fluglinie möchte wissen, ob ich trotzdem damit einverstanden bin, den Flug zu nehmen? Ja, auf jeden Fall!
Mir ist es ziemlich egal, wie spät das Flugzeug abhebt. Hauptsache, es fliegt überhaupt endlich!
Die Abflugzeit wird drei Mal verschoben….. Und ich befürchte schon, ich werde haltlos weinen vor Erleichterung, wenn das „Ding“ endlich in der Luft ist!