Weihnachten und das Neue Jahr in Porto

von Algeth Weerts

Teil 3: Feuerwerk, „Atlantic Swim“ und Fußball

In Porto ist Winter. Die angegebenen 10 bis 14° bedeuten im Dezember und nach den Regenunwettern noch angenehme warme Tage. Erst Mitte Januar wird es nachts richtig kalt. „Rekord“ war eine Nachttemperatur von 2°. Mein anderer persönlicher „Rekord“: am 8. Januar in der Sonne draußen Mittagessen!

am 8. Januar 2020, Porto (Foto: A.E. Weerts)

Ich verbringe Weihnachten in der Herberge. Das bedeutet: ein gemeinsames traditionelles portugiesisches Weihnachtsessen. Zwei Pilger sind da und natürlich mit eingeladen.

traditionelles Weihnachtsessen: Bacalhau (Foto: A.E. Weerts)

Danach geht es – traditionell – zur Mitternachtsmesse, die hier wirklich um Mitternacht ist!

In den katholischen Kirchen hier heißt sie „Missa do Galo“. In Portugal und Spanien wird dieser Name seit über 1500 Jahren benutzt. Eine wirkliche Erklärung gibt es dafür jedoch nicht. Aber viele Legenden um die Entstehung des Namens. Möglicherweise hat es aber wirklich etwas mit dem Galo, dem Hahn, zu tun, der um diese Zeit beginnt zu krähen (siehe auch: https://ionline.sapo.pt/artigo/491376/24-de-dezembro-o-que-e-que-o-galo-tem-a-ver-com-o-natal-?seccao=Portugal und andere).

Der 25. Dezember ist Feiertag in Portugal. Es gibt nur einen Weihnachtsfeiertag. Und der ist, wie alle Sonn- und Feiertage, ein Familientag. Und ausnahmsweise haben wirklich die Supermärkte auch geschlossen. Die großen Läden haben ansonsten sieben Tage in der Woche geöffnet. Der 26. Dezember ist gleich wieder ganz normaler Arbeitstag.

Am darauf folgenden Sonntag, der 29. Dezember, ist der Stadtlauf „São Silvestre“. Der Lauf führt über 10 km durch die abendliche Innenstadt. Wie es scheint, machen alle mit: Kinder, Alte, Halbprofis, eine Gruppe der Armee…. ich sehe auch Weihnachtsmänner und andere Verkleidungen. Eine wundeschöne halbernste Angelegenheit. Doch im Ziel werden alle überschwenglich begrüßt und beglückwünscht: geschafft!

siehe auch: https://runport.com/pt/eventos (Foto: A.E. Weerts)

An allen Tagen auch „zwischen den Jahren“ sind Pilger im Haus. Mal sind es Neun, mal nur Eine/r. Am Sylvester Abend – der „passagem de ano“ heißt – sind in der Herberge Pilger aus Italien, Tschechien, Deutschland und Spanien. Dazu wird ein Büffet vorbereitet. Am passagem de ano gehen die meisten Menschen in Portugal essen.

Was im Internet als „portugiesischer Brauch“ angegeben wird, habe ich nirgends entdecken können. Keine neue rote Unterwäsche, keine Weintrauben, keine Pfannen. Ob jemand Münzen in der Hand gehalten oder in den Hauseingang geworfen hat, konnte ich auch nicht feststellen. Aber das die Menschen in Scharen zum Aliados strömen! Dort gab es ein nächtliches Open Air Konzert und für 12 Uhr nachts war ein Feuerwerk angekündigt.

Ich bin mit Carlos, einem der Volunteers, zum Aliados gegangen. Der Platz war so gedrängt voll, das ich am nächsten Tag blau unterlaufene Druckstellen von meinem Armband am Handgelenk habe werde. Und nein, ich bin nicht auf dem Platz geblieben! Etwas unterhalb war es ein wenig offener.

Sekunden vor 12 Uhr gab es einen unsagbaren Ton von der Menschenmenge angestimmt, der immer lauter wurde und sich um Punkt 12 zu einem furiosen Schrei entlud. Das war wirklich beeindruckend. Gleichzeitig begann das große Feuerwerk und von einigen Balkonen rund um den Aliados kamen ‚Flitterbomben‘ geregnet. Das Feuerwerk dauerte gigantische 20 Minuten lang. Und keinen einzigen ‚privaten‘ Feuerwerkskörper!

(Foto: A.E. Weerts)

Danach zogen die Menschen langsam wieder ab. Es gab ab und zu ein paar Mal Küßchen rechts, Küßchen links zu sehen. Einige Souvenirshops hatten geöffnet und es gab Straßenverkäufe für Hotdogs und Sekt.

Vor der Herberge wurde es morgens um fünf noch einmal laut mit Musik und Gesprächen. Ein paar junge Leute hatten vielleicht ihre Party auf die Straße verlegt. Doch nirgendwo ging ein Fenster auf oder wurde geschimpft oder gar die Polizei gerufen. Die Gelassenheit der portugiesischen Menschen ist immer wieder beneidenswert!

Das nächste große Ereignis ist in der anglikanischen Kirche angekündigt. Epiphanias ist am 6. Januar. Zu dem besonderen Datum wird am 5. Januar nach dem Kirchgang Barry im Atlantik schwimmen. Barry sammelt dafür Spenden, die der Kirchengemeinde zugute kommen sollten. Ich machte mir aufgrund der Ankündigung so meine Vorstellungen von der Aktion…..

aus dem wöchentlichen „Gemeindeblatt“ (Foto: A.E. Weerts)

Aber es war überraschender als ich vermutete. Und mal wieder ist es großartig: Eine Menschenmenge von sieben Leuten winkt Barry, der sich an diesem wunderschönen warmen Sonntagmittag im kurzen Neoprenanzug am Strand von Matosinhos in die Fluten wirft!

the „Atlantic Swim“, 5. Januar 2020 (Foto: A.E. Weerts)

Noch nie habe ich einen so tollen Atlantik-Schwimmer gesehen, mit dem wir danach auch noch alle gemeinsam in das Restaurant am Strand zum Lunch gehen können.

Ein glanzvolles Erlebnis fehlt noch – das steht jedoch nicht unmittelbar im Zusammenhang mit Weihnachten oder dem neuen Jahr: der FC Porto.

Das wirklich schöne „Estadio do Dragão“ liegt mitten in der Stadt und ist von der Herberge aus mit der Metro in weniger als einer halben Stunde zu erreichen (siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Estádio_do_Dragão)

Am 14. Januar um 18 Uhr geht es im Stadion von Porto um die Taça de Portugal – das ist so ähnlich wie der DFB-Pokal in Deutschland. Es geht gegen Póvoa de Varzim – ein Städtchen keine 30 km von Porto entfernt.

Ich will unbedingt ins Stadion! Einlass ist ab 17 Uhr. Ich verabrede mich mit einem Freund. Ein paar Tage vorher kaufe ich zwei Karten am Fußballstadion für je 10€. In der Herberge werden wir ein bisschen ausgelacht, weil das wahrscheinlich „ein schlecht besuchtes Spiel ist und wir die einzigen Unterstützer vom FC“.

Doch weit gefehlt. Obwohl wir früh zur Metro gehen – nämlich um halb fünf – ist die Bahn mehr als voll. Ich sehe viele Varzim-Schals. Kein Wunder: das ist die Metro direkt aus Póvoa de Varzim!

Aber auch an den weiteren Bahnstationen drängen sich Menschen in die Wagons. Schon zwei Haltestellen nach dem wir eingestiegen sind, geht nichts mehr. Zusätzlich hat sich irgend jemand am Nothalt festgehalten und sämtliche Anzeigen im Wagon fallen aus. Die Türen gehen auf und zu. Noch wollen auch weitere Menschen einsteigen. Oder doch aussteigen. Und dann geht auch noch das Licht aus und die Türen verschließen.

Spricht hier jemand von Panik oder Geschrei? Nicht in Portugal. In aller Ruhe wird abgewartet, was als nächstes passiert. Nach mehreren Minuten gehen die Türen auf. Alle sollen aus der Bahn aussteigen, sie ist gänzlich ausgefallen. Ja, wir können gleich die nächste Metro nehmen, die kommt. Und die ist natürlich genauso voll, wie die erste.

An der Metrostation vom Dragão Stadion und auch davor ist ein ziemlich großes Aufgebot an Polizisten. Der Aufgang zu den Plätzen ist gerade gesperrt, wir sollen bitte warten. Weil die Fans aus Povoa kommen!

Eine Gruppe von vielleicht 50 oder 70 Menschen und eine große Kindergruppe kommt laut skandierend aus der Metrostation über die Straße und wird von Polizisten die Treppe hoch geleitet.

Achtung …. da kommen die Varzim-Fans….. (Foto: A.E. Weerts)

Das Stadion ist wirklich schön. Und die Stimmung toll – auch wenn Porto das Spiel in der letzten Minute verliert. Aber vielleicht werde ich ja trotzdem Fan vom FC Porto. Porto-Fan bin ich ja sowieso schon.

Und jetzt – Ende Januar – wird es langsam Frühling. Die Magnolien blühen!

die ersten Magnolien blühen! (Foto: A.E. Weerts)