Weihnachten und das Neue Jahr in Porto

von Algeth E. Weerts

Teil 1: Als Voluntaria in einer Pilgerherberge

Es gibt Dinge im Leben, die sind nicht aufzuhalten. Oft hängt das mit einer Liebe oder einem Verliebtsein zusammen. Das ich Portugal-Fan bin seit Jahrzehnten, das ist wahrscheinlich klar. Als ich in diesem Jahr nach einer Pilgertour in Portugal noch einige Tage in Porto bleiben konnte, hat es mich erwischt! Und es gab nur noch die eine Möglichkeit: zurückkehren.

Foto: A.E. Weerts

Für Dezember habe ich mich als Voluntaria – Freiwillige – in einer Pilgerherberge gemeldet. Und aus der zunächst geplanten einen Woche wurde ein „Hin“. Ohne Rückflug.

Porto liegt im Norden von Portugal. Im Sommer mild, im Winter auch. Einen wochenlang grauen, depressiv stimmenden Himmel gibt es nicht. Sehr wohl aber ergiebigen Regen, auch mehrere Tage lang. Kalt ist es auch. Jetzt, Anfang Januar haben die Nächte 4° oder 7°. Am Morgen, sobald die Sonne in den Himmel steigt, wird es warm. Und wenn kein kalter Wind die Pläne durchkreuzt, ist es schnell angenehm. Das ist wichtig zu wissen, denn die meisten portugiesischen Häuser haben kein eingebautes Heizsystem (siehe links „Wärme in portugiesischen Häusern“ unten).

Trotzdem sollte niemand auf die Idee kommen, das sei ein wunderbar emissionsfreies Wohnen. Geheizt wird oft mit Gasbrennern. So wird zumindest ein Raum im Haus doch kuschelig. Und nachts mit vielen Decken schlafen. Tagsüber die Fenster aufmachen und Wärme reinlassen!

Die Sonne geht jetzt um 8 Uhr etwa auf und um 17 Uhr unter, mit etwas etwas mehr als einer halben Stunde Dämmerung. Dabei ist zu bedenken, dass Portugal eine Stunde „zurück“ ist (also wäre der Sonnenuntergang in Deutschland um abends 18 Uhr).

In einer Pilgerherberge übernachten Menschen, die auf dem Weg nach Santiago de Compostela sind. In Porto sind es die, die bereits in Santiago angekommen sind und jetzt zurückfliegen. Oder die in Porto ankommen, um loszupilgern.

Ich war erstaunt, das sogar Heiligabend oder am Neujahrstag Pilger kommen, um los zu gehen oder zurückzukehren. Kein Wetter und keine Temperatur schreckt ab. Und es sind nur wenig mehr Männer als Frauen unterwegs.

Vor Weihnachten gab es (u.A.) in Portugal zwei schwere Unwetter („Elsa“ und „Fabian“) und in der Folge große Überschwemmungen und Sturmfluten an der Küste. Auch viele Pilgerwege waren kaum bis unpassierbar.

Geregnet hat es mehrere Tage lang. Gepilgert wurde trotzdem. Und manches Mal haben wir uns Sorgen gemacht, wie es denen geht, die bei uns übernachtet haben und die jetzt unterwegs sind ….

Die „Albergue“ hat 30 Betten. Jetzt ist keine Pilgersaison. Dann sind täglich ein, zwei oder auch mal 8 Pilger*innen hier. Wir Volunteers haben die Aufgabe, die Herberge „tidy“ zu halten. Das heißt: jeden Tag alles saubermachen. Alle Betten und Dormitories, die Duschen, Klosetts, die Küche, den Essraum, das „Wohnzimmer“, die Rezeption; den Raum, in dem die Rucksäcke in eigenen Schließfächern untergebracht sind. Aufräumen, staubsaugen, wischen, abwaschen, Wäsche waschen…. fast wie zuhause, nur viel mehr. Und den Garten machen. Denn den gibt es auch, mit Orangen- und Camelienbäumen und ein paar Beeten für Gemüse.

der Garten (Foto: A.E. Weerts)

Oft habe ich abends gedacht: ohje, morgen wieder von vorne anfangen…. und morgens habe ich mich auf die Arbeit gefreut.

Als Volunteer arbeite ich für Kost und Logis. Das heißt, ich bekomme ein Bett gestellt und das Essen. Der „Dono“, der Besitzer der Herberge, kocht fast jeden Tag für uns. Und manchmal kocht auch eine oder einer von uns. Zur Zeit sind wir zu Fünft, aus Argentinien, Uruguay, zwei aus Italien und ich aus Deutschland.

von links: aus Deutschland, aus Uruguay, aus Argentinien, ein Ewig-Pilger aus Portugal, zweimal Italien, der Eigner…. (Foto: A.E. Weerts)

Falls ich gehofft hatte, besser Portugiesisch zu lernen, dann war das falsch gedacht. Eher lerne ich Spanisch. Oder mein Englisch zu verbessern. Zum Portugiesischunterricht gehe ich zur anglikanischen Kirche.

Die anglikanische St. James Church ist – der Name sagt es: St. James = Heiliger Jakobus – die einzige Gemeinde in Porto, die sich direkt auf Santiago (San Tiago = Heiliger Jakobus) bezieht und steht dadurch in enger Verbindung mit der Herberge, in der grundsätzlich nur Pilger*innen übernachten dürfen, die auf dem Jakobsweg sind. (https://www.stjamesoporto.org/welcome.htm)

Fenster in der St. James Kirche Porto (Foto A.E. Weerts)

Die beste Zeit, eine Herberge zu renovieren und vieles neu zu gestalten ist natürlich auch jetzt.

Noch vor Weihnachten haben die Arbeiten angefangen. Und von da an gab es im Haus jeden Tag Staub und Schutt. Und natürlich sind bei jeder Temperatur alle Türen offen. Wer neu baut oder renoviert, kennt das!

die Rezeption….. (Foto: A.E. Weerts)

In Portugal sind Bauarbeiten von morgens 8 Uhr bis nachmittags um 5 Uhr erlaubt. Danach muss Ruhe sein. Und es gibt nur einen Weihnachtsfeiertag.

Hier im Haus haben die Bauarbeiter am Montag vor Weihnachten angefangen, zwischen Weihnachten und Neujahr gearbeitet, auch am Sylvestervormittag. Und waren natürlich am Tag nach Neujahr gleich wieder da. So ganz richtig heilig wurde mir dabei nicht zumute.

Aber ich habe natürlich auch Freizeit!

Und da habe ich schon ganz wunderbar schöne Sachen machen können.

Ein Konzert „Natal com Bach“, ein Konzert von UHF, Sylvester am Alliados, Orangenkuchen, einen Atlantik-Schwimmer kennen lernen, ein Fußballspiel um die „Taça de Portugal“. Was das alles bedeutet, davon erzähle ich im nächsten Teil.

Links zum Thema „Wärme in portugiesischen Häusern“ (ich habe geschmunzelt beim Lesen):

https://www.fr.de/fr-serien/verfall-ueberlassen-11200084.html (vom 06.01.2020)

https://www.idealista.pt/de/news/leben-portugal/2018/10/22/193-wie-kann-ich-meine-wohnung-auf-den-portugiesischen-winter (vom 06.01.2020)

https://mira-mireau.com/2018/03/10/winter-in-portugal-wie-kalt-ist-portugals-winter-wirklich/ (vom 06.01.2020)